Meine Erfahrungen bei einem Stadt-Retreat mit Claude AnShin Thomas

von Milena Acosta

Gestern haben wir ein zweitägiges Meditations-Retreat mit AnShin in Leverkusen beendet, das von GenRai organisiert wurde. Es
war schön, Menschen zu sehen und mit ihnen zu praktizieren, mit denen ich schon früher zusammen war, und einige, die ich nach vielen Zoom-Treffen endlich persönlich getroffen habe.  Ich habe mich in dieser Sangha immer sehr willkommen gefühlt, und das war auch diesmal wieder der Fall.  Die Bereitschaft zu geben und die Praxis eines jeden zu unterstützen, kam in jedem einzelnen Moment des Retreats zum Ausdruck.  Es gibt so viele Details, um die man sich kümmert, um dies zu ermöglichen. Solche Dinge wie das Bereitstellen von AnShins Büchern, das Aufhängen der Werbebanner, das einfache und doch schöne Gestalten des Altars, das sorgfältige Organisieren der Kissen im Meditationsbereich, die Spendenbox, das Schaffen einer für die Praxis förderlichen Stille und (nicht zu vergessen) das Essen.  Wie viel Teamarbeit das doch ist!

Ich schätze die Möglichkeit, von der Sitzmeditation zur Gehmeditation, zur Arbeitsmeditation, dann zum tief mitfühlenden Zuhören und achtsamen Sprechen, zur Essmeditation und (irgendwann) zu Fragen und Antworten überzugehen.  Diese Vielfalt an Praktiken, die so charakteristisch für AnShins Retreats sind, ist ein sanfter und doch beschleunigter Prozess, der es mir ermöglicht, meine eigenen Muster und meine Denktendenzen, die in Handlungen münden, klarer zu sehen.

Während dieses Retreats ist mir etwas bewusst geworden, mit dem ich in meinem Leben nicht zufrieden bin.  Deshalb möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um es in Worte zu fassen.  Es fühlt sich an, als ob man ein Fenster, das immer geschlossen war, ein kleines bisschen öffnet.  So strömt langsam etwas frische Luft in den Raum, und weil es mir so fremd ist, lasse ich sie lieber draußen.

In meinem Alltag habe ich das Gefühl, dass es etwas gibt, das ich erreichen muss.  Innere Fragen wie: ¨Mache ich das, was ich tun soll?¨ kommen mir in den Sinn.  Dann überprüfe ich, wofür ich meine Zeit einsetze, und mache ein mentales Häkchen, das mir ein gutes Gefühl gibt.  Doch die Fragen nehmen kein Ende.  Muss ich etwas erreichen?  Ich habe dies bisher nicht als ein Muster betrachtet. Ich habe es für eine natürliche Art des Menschseins gehalten.  Aber die kleine Öffnung des Fensters während des Retreats lässt neue Gedanken zu: Was ist, wenn ich gar nichts tun soll?  Was, wenn ich gar nichts leisten muss?  Was letztlich bedeutet: Was ist, wenn ich nicht so wichtig bin?

Als mir das klar wurde, erlebte ich ein Gefühl der Freiheit. Ich spürte, dass ich mir erlauben konnte, so viel zu schlafen, wie mein Körper braucht, anstatt ihn ständig auf eine anstrengende Art und Weise zu strapazieren. Ich konnte weniger tun. Ich konnte mir erlauben, weniger zu tun.  Sehr schnell habe ich verstanden, dass ich mir nur selbst im Weg stehe, wenn ich mich so anstrenge.  Ich stehe dem im Weg, was gerade passiert.  Ich löse mich von dem, was gerade ist.

Wie oft habe ich AnShin sagen hören: „Es gibt nichts zu erlangen.  Sitze einfach, um zu sitzen.“  Ich neige dazu, diese Anweisung zu missachten.  Mein Muster nimmt sie mir nicht ab.  Ich mag die Anweisung nicht. Ich möchte mich lieber besonders fühlen, deshalb gibt es etwas zu erreichen.  Dieser ständige Gedanke, etwas zu erreichen, hält mich so in der Zukunft und lenkt mich von diesem Augenblick ab.

Ich erlaube diesem bisschen an neuer Luft, durch das Fenster meines Bewusstseins hereinzukommen. Ich fühle mich immer noch widerständig, aber darüber zu schreiben hilft mir, mehr Klarheit zu schaffen.  Es hilft mir, das Fenster offenzuhalten.  Meine Dankbarkeit gilt allen, die am Retreat teilgenommen haben. Ihr alle habt mich dabei unterstützt, meine Praxis aufrechtzuerhalten, und ich wünsche euch, dass eure Praxis von Moment zu Moment besser gedeiht.