Die vier wesentlichen Elemente des Zen

Auszug aus dem Buch „Meditation mitten im Leben: 108 Lehren auf dem Zen-Weg“ von Claude AnShin Thomas

In meiner eigenen Praxis, in meinem Lernen und beim Lehren haben sich über die Jahre vier Grundpfeiler der Zen-buddhistischen Praxis herauskristallisiert.

Stille/Schweigen: Das Fundament der Zen-Praxis ist eine engagierte, regelmäßige Meditationspraxis des stillen Sitzens, die durch eine/n authentische/n Lehrer*in und eine Gemeinschaft von Übenden unterstützt wird. Bei der Zen-Praxis geht es darum, mehr Stille in unser Leben zu bringen und die Stille, die wir in der Meditation erfahren, in alles zu bringen, was wir tun. «Stille» bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur die Abwesenheit von Lärm. Jede und jeder, die schon mal in Stille gesessen hat, verstehen, dass die Tätigkeit des Geistes, selbst bei Abwesenheit von äußerlichen Geräuschen, ohrenbetäubend sein kann.

In der Praxis der Stille geht es darum, das einfach zu bemerken und die eigene Beziehung zu den inneren und äußeren Geräuschen, die uns bei Tag und Nacht begleiten, zu verändern, sie weder von sich zu weisen noch an ihnen festzuhalten.

Disziplin: Ein wesentlicher Bestandteil unserer Praxis sind das Engagement und die Entschlossenheit, egal was gerade los ist, weiterzumachen; weiter zu sitzen, einfach um zu sitzen; zu gehen, einfach um zu gehen; zu essen, einfach um zu essen – ob uns der Sinn danach steht oder nicht. Auf dem Weg werden wir auf Zweifel und Herausforderungen stoßen. Unser Geist wird uns sagen, dass wir heute nicht wirklich zu sitzen brauchen, dass es nicht darauf ankommt oder dass es ohnehin nicht «funktioniert». Unsere Disziplin erweist sich darin, jeden Tag weiter zu üben – auf dem Kissen und überall – und zu sehen, was sich ergibt.

Rituale: Teil einer entschlossenen Zen-Praxis ist das Erlernen der Rituale und Andachten, die seit Generationen von Lehrer*innen zu Schüler*innen weitergegeben wurden. «Der Wert einer Zeremonie», so heißt es im Sutra von Hui-neng, «besteht darin, Arroganz zu zügeln.» Unsere Leben sind voll von Ritualen, nicht nur im Zendo (der Übungshalle), sondern den ganzen Tag über. Unsere Praxis ist es, alles, was wir im Zendo tun, mit großer Sorgfalt und Aufmerksamkeit zu tun und dies dann in sämtliche Aspekte unseres täglichen Lebens hineinzutragen.

Studium: Unsere Praxis wird durch das Lesen klassischer buddhistischer Texte wie des Dhammapada, des Herz-Sutra, des Diamant-Sutra, des Lankavatara-Sutra, des Avatamsaka-Sutra und des Plattform-Sutra vertieft. Aber wir müssen uns daran erinnern, dass das Erwachen kein intellektueller Prozess ist. Wenn wir diese Texte studieren, lesen wir, einfach um zu lesen, wobei wir uns stets bewusst sind, dass das Herz der Praxis nicht in den Worten ruht, sondern im Raum zwischen den Worten, im Raum zwischen den Buchstaben.